Unser Kambodscha-Engagement
Es ist nicht so, als hätten die Kambodschaner nur von uns gelernt. Was die Zahnheilkunde betrifft, mag das sicher so gewesen sein, aber da war mehr als „bloß Zähne“. Wir haben erleben dürfen, wie zufrieden und glücklich Menschen sein können, die soviel weniger haben als wir in Europa.
Seit 2002 unterstützt unsere Praxis eine kleine Zahnstation im Inneren Kambodschas. Eigentlich hat dieses Engagement seinen Ursprung in einem Jugendtraum. Als 12- bis 14-Jähriger las ich mit Begeisterung Reiseberichte über Südostasien. Besonders faszinierte mich ein langer Bericht über die Wiederentdeckung der vom Dschungel überwachsenen Tempelanlagen von Angkor. Die Faszination dieses Berichts ließ mich über die Jahre nicht los.
Seit den 80er-Jahren bereisten mein Sohn und ich verschiedene Länder Südostasiens. Als es dann – nach der Schreckensherrschaft der Roten Khmer und der folgenden Besetzung durch die Vietnamesen – endlich möglich war, ein Kambodscha-Visum zu bekommen, reisten wir 1994 und 1995 nach Siem Reap, einer Provinzstadt in unmittelbarer Nähe der phantastischen, umfangreichen Tempelanlagen von Angkor. Bei diesen Besuchen konnten wir die Tempel, die heute jährlich zwei bis drei Millionen Touristen anziehen, als fast einzige Besucher bewundern. Mein Jugendtraum war nach so vielen Jahren Wirklichkeit geworden!
Einige Jahre später, 2002, las ich in einer Fachzeitschrift eine nur zweizeilige Anzeige: „Kleine Zahnstation in Siem Reap sucht dringend Hilfe.“ Als ich die Anzeige meinem Sohn zeigte, stand in wenigen Minuten unser Entschluss fest: „Wir wollen helfen!“
Nach kurzer Kontaktaufnahme reisten wir im April 2002 – ausgerechnet in der heißesten Jahreszeit – mit sehr viel Gepäck nach Siem Reap. Was wir vorfanden war ein kleiner, einem kleinen Kinderhospital angeschlossen Raum. Ein Wellblechdach, morgens um 9.00 Uhr 40°C, zwei uralte, marode japanische Behandlungsstühle, Sterilisator und Waschbecken auf der Toilette nebenan. In den Schränken ein unglaubliches Durcheinander von Bohrern, Wurzelkanalfeilen, Instrumenten und sehr vieles mehr. Dazu aber ein sehr netter kambodschanischer Zahnarzt, ein Helfer und zwei freundliche Helferinnen. Die zahnärztliche Therapie bestand dort ausschließlich im Extrahieren von Zähnen. Füllungen zu legen hatte der einheimische Kollege zwar gelernt, aber seit Ende des Studiums nicht mehr gemacht.
Eine ganze Woche war notwendig, um alles zu sortieren und geordnet in Schränke und Schubladen einzuräumen, um überhaupt eine gezielte Behandlung möglich zu machen. Dazu führten wir interessante Gespräche mit dem Kollegen und Helfern, um sie zu überzeugen, dass Zahnmedizin nicht „Zahnziehen“, sondern „Zahnerhalten“ bedeutet.
In den verbleibenden vier Wochen schulten und „überwachten“ wir den Kollegen und die Helfer und behandelten selbst. Es wurden Krankenblätter und Statistiken eingeführt, um es der Leitung des Kinderhospitals zu ermöglichen, nach unserer Abreise die Behandlungsabläufe zu überwachen.
Trotz der vielen Arbeit blieb an Wochenenden Zeit, auch die Angkortempel weiter zu erforschen.
Bei unserer Abreise war uns klar, dass es nicht bei dem einmaligen Besuch bleiben konnte. Im Frühjahr 2003 schickten wir die komplette Einrichtung für einen Behandlungsraum, Röntgengerät, OP-Lampe, Schränke und Behandlungseinheit mit OP-Stuhl aus unserem Bestand per Container nach Siem Reap. Vier Monate später, als endlich alles vor Ort war, haben wir dann die Geräte selbst installiert und das Klinikpersonal weiter geschult.
In den folgenden Jahren sammelten wir durch Kambodscha-Vorträge, die im Seminarraum der Praxis stattfanden, Spenden. Es konnten neben diversen Medikamenten eine Klimaanlage und ein Sterilisator angeschafft sowie ein neuer größerer Raum bezogen werden. Wenigstens einmal im Jahr sind mein Sohn oder ich, manchmal auch beide zusammen, in der Zahnstation, um die erfreulichen Fortschritte zu überwachen. Inzwischen werden bei Besuchen in Schulen Kinder in Zahnpflege unterrichtet und ambulante Behandlungen in umliegenden Schulen durchgeführt.
2010 konnten wir eine komplett neue Behandlungseinheit nach Kambodscha schicken, finanziert durch Geldgeschenke zu meinem runden Geburtstag, durch Spenden Gelderner Patienten und durch den Gewinnverzicht des Krefelder Dentaldepots Schott. Den Transport übernahm die finnische Herstellerfirma.
Wir haben uns einer guten Sache verschrieben und werden sie weiterführen, trotz physischem und finanziellem Aufwand. Weil man Erfolge sieht und weil es Freude macht, den Kindern zu helfen und mit Leuten zusammenzuarbeiten, die nicht nur lernfähig sind, sondern sich bemühen, das Gelernte weiter auszubauen und zu verbessern.